Markus Bodeux
Im Jahr 1891 wurde an der afrikanischen
Westküste erneut ein Einsatz der Kaiserli-chen Marine
notwendig, der von den beiden damaligen Stationären, S.M.
Kreuzer HABICHT und S.M. Kanonenboot HYÄNE ausgeführt wurde.
Der Abo-Stamm im Mündungsgebietes des Aboflußes hatte sich
erhoben und die Ortschaft Miang besetzt und befestigt.
Der Gouverneur forderte daraufhin den ältesten Marineoffizier
der Station, Korvettenkapitän von Dresky, Kommandant S.M.S.
HABICHT, auf, die Schutztruppe des Gouvernements unter
Hauptmann von Gravenreuth bei der Rückeroberung von Miang und
der Bestrafung der Abo-leute zu unterstützen.
Korvettenkapitän von Dresky sagte die gewünschte Unterstützung
zu und bildete zwei Landungsabteilungen. Zur Versorgung der
Landungsabteilungen wurde der kleine Gouvernementsdampfer
SODEN eingesetzt. Einen sehr interessanten Eindruck von der
Durchführung dieses Unternehmens gibt der Bericht von Dreskys
über die Ereignisse an das Reichsmarineamt. Bemerkenswert ist,
daß die für dieses Gefecht verliehenen Auszeichnungen die in
diesem Bericht besonders ihrer Tapferkeit und ihres Mutes
wegen erwähnten Personen erhielten.
„Die zur Ausführung dieses
Unternehmens bestimmten Streitkräfte bestanden aus:
a) Landungsabteilung HABICHT in der Stärke von 2
Offizieren, 4 Unteroffizieren , 2 Spielleuten, 55 Mann,
b) Landungsabteilung HYÄNE, 2 Offiziere, 1 Arzt, 4
Unteroffiziere, 33 Mann,
c) Expedition des Hauptmanns von Gravenreuth, bestehend
aus 3 Neger-Kompanien zu 100 Köpfen und 50 Weibern zum
Lastentragen,
d) 25 Mann, welche von dem Kaiserlichen Gouvernement
gestellt wurden.
Zum Führer der vereinigten
Landungs-Abteilungen bestimmte ich den Kapitänleutnant
Krause von S.M. Kreuzer Habicht. ..........
S.M. Kreuzer Habicht |
....Sonnabend den 17. Oktober waren
alle Vorbereitungen beendet, so daß am Sonntag Morgen 5 Uhr
die Einschiffung ohne Verzug vorgenommen werden konnte. Die
Mannschaften waren vorher durch die Schiffsärzte untersucht,
die schon häufiger vom Fieber befallenen Leute
zurückgestellt worden. Die Landungsabteilungen waren für
drei Tage, die zur Besatzung des Dampfers SO-DEN bestimmten
Leute für sechs Tage mit Proviant und Wasser ausgerüstet.
Jeder Mann war mit einem vollständigen zweiten Anzug und
einem Paar Segeltuchgamaschen versehen. Wollene Decken und
Gummiunterlagen vervollständigten die Ausrüstung. ........
......... Durch die Erstürmung von Miang und die
Zerstörung der sämtlichen, den Abo- und Bonakwasse-Leuten
gehörigen Kulturanlagen war der Zweck der Expedition erfüllt.
Am 19. Oktober kehrten die Landungsabteilungen, am 21.
Oktober Leutnant zur See Hopman mit Dampfer SODEN und eine
Negerkompanie, am 22. Oktober S.M. Fahrzeug NACHTIGAL mit
dem Rest der Leute der Expedition von Gravenreuth zurück.
Aus den Berichten der beteiligten Offiziere sowie dem
mündlichen Bericht des Hauptmanns von Gravenreuth geht
hervor, daß die Einnahme des vorzüglich befestigten, durch
überlegene Waffen verteidigte Miang keine leicht zu lösende
Aufgabe war und nur der guten Leitung und der vorzüglichen
Haltung von Offizieren und Mannschaften zu verdanken ist.
Der Verlust des Feindes konnte nicht festgestellt werden, da
derselbe seine Toten und Verwundeten auf der Flucht mit sich
nahm. Später nach Kamerun gelangte Nachrichten bestätigten
jedoch, daß der Verlust ein recht beträchtlicher gewesen
sein muß, da allein vier Häuptlinge gefallen sind und der
Oberhäuptling Pan tödlich verwundet worden ist. Außerdem
wurde beobachtet, daß eine große Zahl flüchtender Neger
viele Körper mit sich schleppten.
Der eigene verhältnismäßig geringe Verlust ist einmal dem
schlechten Pulver und den schlechten Geschossen – die
meisten Verwundungen waren durch unregelmäßig gestaltete,
von zerschlagenen Eisentöpfen herrührende Eisenstücke
hervorgerufen – dann aber auch dem entschlossenen
schneidigen An-griff auf die Pallisaden zu verdanken.
Euer Excellenz verfehle ich nicht gehorsamst zu melden,
daß der Eifer, mit welchem Kapitänleutnant Krause von S.M.
Kreuzer Habicht und Lieutenant zur See Krüger von S.M.
Kanonenboot HYÄNE die Vorbereitungen zu der Expedition
leiteten, sowie der persönliche Mut, welchen beide Offiziere
bei der Erstürmung von Miang gezeigt haben, außerordentlich
viel zu dem Erfolge beigetragen hat.
Lieutenant zur See Krüger bediente, in vorderster Reihe
stehend, persönlich eine Zeit lang das Maximgeschütz und war
mit Hauptmann von Gravenreuth einer der Ersten innerhalb der
Pallisaden. Kapitänleutnant Krause ging seinen Leuten mit
glänzendem Beispiele voran und war der Erste, welcher über
die Pallisaden kam. Lieutenant zur See von Czech brach vom
Sonnenstiche getroffen zusammen und mußte, nachdem er auf
zwei Leute gestützt, den Versuch gemacht hatte, vorwärts zu
kommen, besinnungslos nach dem Dampfer SODEN gebracht werden.
Assistenzarzt 1. Klasse Schacht von S.M. Kanonenboot HYÄNE
sorgte trotz der steilen Wege und der leider herrschenden
starken Hitze unermüdlich für die Verwundeten.
Nicht nur die eigenen Offiziere, sondern auch Hauptmann
von Gravenreuth und seine Offiziere bezeugten mir, daß sich
die Mannschaften beider Schiffe in jeder Beziehung durch
Eifer, Mut und Entschlossenheit ausgezeichnet haben. Ich
möchte hier besonders des Bootsmannsmaaten Lack von S.M.
Kanonenboot HYÄNE Erwähnung tun. Derselbe war bemüht, den in
eine Wolfsgrube gefallenen Hauptmann von Gravenreuth
herauszuziehen, als er zwei Schüße in die Oberschenkel
erhielt. Er ging dennoch weiter, erhielt einen Schuß in den
Arm, ließ sein Gewehr liegen, zog das Seitengewehr und
stürmte weiter, bis er vor den Pallisaden, durch mehrere
Schüße nochmals getroffen, zusammenbrach.
Von S.M. Kanonenboot HYÄNE haben sich außerdem bei
Erstürmung der Pallisaden die Matrosen Starcke, Widmann und
Rau ausgezeichnet, während sich der Steuermannsmaat
Itgenhorst, Meistersmaat Fliege und Hornist Noé durch
Umsicht und Kaltblütigkeit hervorgethan haben. Von S.M.
Kreuzer HABICHT haben sich durch ihr mutiges und dabei
besonnenes Wesen Boots-mannsmaat Schwanz, Obermatrosen Feick
und Thiemann, Krause und Werner, letzterer als Krankenträger,
besonders ausgezeichnet. Leutnant Hopman hat seine weniger
dankenswerthe, doch schwierige Aufgabe, mit dem Dampfer
SODEN in dem engen Fahrwasser zu manövrieren und für die
vielen Mannschaften und Boote zu sorgen, mit Umsicht,
Ausdauer und Hingabe erfüllt. ...............
gez. von Dresky“
Konteradmiral Erich von
Dresky, s.Zt. Kommandant S.M.S. HABICHT. Er trägt neben
dem für das Gefecht bei Miang verliehenen
Roten-Adler-Orden 4. Kl. mit Schwertern den
Roten-Adler-Orden 3. Klasse mit Schleife und Schwertern
am Ring (AKO vom 16. Januar 1898), das
Dienstauszeichnungskreuz, die Kriegsdenkmünze 1870/71
und die Centenarmedaille. |
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Die im Bericht des Korvettenkapitäns von
Dresky besonderes wegen ihrer Tapferkeit hervorgehobenen
Personen wurden, wie von Dresky selbst, der als einziger
Ausgezeichneter nicht am Gefecht teilgenommen hatte, vom
Kaiser mit preußischen Kriegsauszeichnungen dekoriert:
Mit Allerhöchster Kabinettsorder vom 5.
September 1892 die Anrechnung der Kriegsdienstzeit für dieses
Gefecht festgelegt:
„..........das Gefecht bei Miang (Kamerun)
am 18. Oktober 1891 gilt im Sinne des Gesetzes, betreffend
die Pensionierung und Versorgung der Militärpersonen des
Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine vom 27. Juni 1871,
als ein Feldzug, für welchen den daran Beteiligten ein
Kriegsjahr in Anrechnung zu bringen ist. .............“
Spange
KAMERUN 1891 zur Kolonialdenkmünze |
In der Stiftungsurkunde wird bezüglich der
Spange KAMERUN ausdrücklich auf diese Kabinettsorder bezug
genommen. Die Besatzungen von HABICHT und HYÄNE umfaßten
insgesamt ca. 240 Mann, darunter die folgenden Seeoffiziere,
Marineingenieure und Marineärzte:
Dresky, von Korvettenkapitän HABICHT,
Kommandant
Krause Kapitänleutnant HABICHT, 1. Offizier
Czech Leutnant zur See HABICHT
Hippel, von Unterleuntnant zur See HABICHT
Frentzel-Beyme, Dr. Marineassistenzarzt 1. Klasse HABICHT
Wulff Marineunterzahlmeister HABICHT
Breitenstein Obermaschinist HABICHT
Plachte Kapitänleutnant HYÄNE, Kommandant
Krüger Leutnant zur See HYÄNE, 1. Offizier
Hopman Leutnant zur See HYÄNE
Deimling Unterleuntnant zur See HYÄNE
Schacht Marineassistenzarzt 1. Klasse HYÄNE
Gelbricht Marineunterzahlmeister HYÄNE
Nitze Obermaschinist HYÄNE
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