Auszeichnungen haben eine lange Geschichte. Eindeutig
als Auszeichnungen belegt sind die nahezu ausschließlich
wegen militärischer Verdienste vergebenen Belohnungen
der Antike. Die Griechen nannten sie tá fálára, die
Römer klanggleich phalera. Seinem Inhalt nach war der
Begriff gleichbedeutend mit "Auszeichnung". Nach
phalerae als Ursprung des abendländischen
Auszeichnungswesens nennt man die Wissenschaft von der
Ordenskunde heute Phaleristik. Vor einigen Jahren war
die Phaleristik lediglich ein hochinteressantes
Sondergebiet der Numismatik (Münzkunde).
Phaleren waren handtellergroße kreis- oder
halbmondförmige metallende Schilder, die ursprünglich
den Pferden umgehängt wurden. Später trugen sie die
Soldaten sichtbar auf ihren Panzern. Noch heute kann man
sie auf den Grabsteinen von römischen Offizieren
betrachten. Neben diesen Phaleren gab es in dieser Zeit
eine Vielzahl an andersgearteten Auszeichnungen wie die
bekannten ehernden Kränze (corona) mit Tuchschleifen für
das Haupt. Auch Ringe (torques) oder Stäbe (vitis)
wurden verliehen.
Im 11. Jahrhundert im Zeichen der Kreuzzüge schlossen
sich die Ritter zu Orden, die auf frommasketische und
menschlich-wohltätige Ziele ausgerichtet waren zusammen.
Ihr Ziel war es fromm, mild und tapfer zu handeln.
Dieses Gedankengut brachte vier Orden hervor.
Der Orden vom heiligen Grab, nach der Erstürmung
Jerusalems 1099 gestiftet und 1291 mit dem
Johanniterorden vereinigt,
der Johanniterorden, 1118 aus dem Mönchsorden des hl.
Johannes von Jerusalem hervorgegangen,
der gleichzeitig gestiftete Orden der Tempelherren, der
1312 im Johanniterorden substaanziell
aufging,
und den 1170 gestifteten Marianer-Ritterorden, dem
späteren Deutschen Orden.
Bestimmend für den Zusammenhalt dieser Gemeinschaften
war die Regel, die Kongregation, die Gemeinschaft, die
Ordnung, lat. ordo - von dem sich unser heutiger Begriff
"Orden" ableitet. Die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft
wurde durch eine bestimmte Kleidung und durch ein
Abzeichen kenntlich gemacht, war jedoch zunächst von
untergeordneter Bedeutung. Alle Abzeichen leiten sich
vom heiligen Kreuz ab. Angehöriger eines derartigen
Ordens zu sein, stellte für sich noch keine Auszeichnung
dar. Aber es gab bereits eine Rangordnung innerhalb
einer Ordensgemeinschaft, die auch durch Abzeichen
dokumentiert wurde.
Bereits vor dem blutigen Fall Jerusalems hatten
weitsichtige Großmeister der Orden Tochtergründungen in
allen Teilen Europas veranlaßt. Damit wuchs die
politische Macht der Orden, gestüzt durch den
angehäuften Reichtum. Herrscher, Feudalfürsten und
Lehnsherren aller Schattierungen buhlten förmlich um die
Gunst und um den Beistand der Ordensoberen. So wuchs die
Aufnahme in einen Orden allmählich doch zur Belohnung
und Auszeichnung heran.
Auf Dauer ließen dies die weltlichen Herrscher nicht
ruhen. Es verlockte sie ungemein ähnliche
Zusammenschlüsse als Symbol von Macht und Ansehen ins
Leben zu rufen. Die ersten weltlichen Ritterorden
verfolgten demnach einen sehr profanen Zweck - die
Souveräne wollten den hohen Adel und die Ritterschaft an
sich binden. Neben diesem machtpolitischen Aspekt ist
der Orden ein
brauchbares Instrument, Verdienste im Heerwesen sowie im
Staats- und Hofdienst zu würdigen. Die Ordensritter
trugen Ordenstracht und Abzeichen, die ihre Symbolik
nicht vom heiligen Kreuz entlehnten, vielmehr an
prunkvollen Ketten getragen wurden und oft identisch
waren mit den Wappen des Ordensstifters, der zugleich
Großmeister war. Aber noch immer sind diese äußeren
Zeichen keine Auszeichnungen nach unserem heutigen
Verständnis. Die Auszeichnung, die Hervorhebung vor den
anderen bestand in der Berufung in den Orden. Der
bekannteste Orden dieser Art dürfte der 1348 gegründete
englische Hosenbandorden sein, der nach Rang, Ansehen
und Luxus führende weltliche Ritterorden Europas bis auf
den heutigen Tag. Mögen weltliche Ritterorden, die sich
bis auf den heutigen Tag erhalten haben, auch an ihren
altertümlichen Regeln festhalten, den Wandel zum reinen
Verdienstorden hat ihnen der Lauf der Geschichte
trotzdem aufgezwungen. Mit zunehmender
gesellschaftlicher Entwicklung, dem Wechselspiel der
Macht von Staaten und sich ständig verändernden
Gruppierungen wandelte sich auch die Funktion der Orden.
Selbst die im 18. und 19. Jahrhundert noch gegründeten
großen weltlichen Ritterorden in
Baden - Hausorden
der Treue
Bayern - Orden des hl.
Hubertus
Hannover - St.-Georgs-Orden
Hessen - Orden vom goldenen
Löwen
Preußen - Hoher Orden vom schwarzen
Adler |
Bayern - Orden des hl.
Hubertus |
sind durch ihren Charakter
in erster Linie Verdienstorden und nicht so sehr
ritterliche Zusammenschlüsse.
Beschleunigt wird die Entwicklung in diesem Abschnitt
der Ordensgeschichte durch eine bedeutsamen Wechsel im
Procedere: Wurde der Kandidat früher in den Orden
aufgenommen, wird ihm jetzt der Orden verliehen. Das
besondere Kennzeichen der Gemeinschaft, also des Ordens,
wurde an Außenstehende für Verdienste unterschiedlicher
Art vergeben. Diese Verleihungspraxis war der erste und
sicherlich entscheidenste Schritt zum modernen
Ordenswesen. In der Ära der absolutistischen Herrscher
konnte der klassische Ritterorden mit seinen
selbstauferlegten Beschränkungen wie Mitgliederzahl,
Moralansprüchen etc.und seinen vorwiegend religiösen
Zielsetzungen den Interessen der Herrscher nicht mehr
gerecht werden.
Ab jetzt gibt es kaum noch bruderschaftliche
Zusammenschlüsse, sondern vielmehr anonyme Orden zur
Belohnung, die ständige Begleiter von Amt und Würden
sind. Das wechselvolle kriegerische Geschehen des 18.
und 19. Jahrhunderts macht es verständlich, daß die
ersten Orden der neuen Generation Militärverdienstorden
waren. So entsteht beispielsweise 1736 der
Militär-St.-Heinrichs-Orden im Königreich Sachsen. 1740
stiftet Friedrich II. von Preußen den Pour le Mérite,
seinen Militärverdienstorden.
Die neuen Orden waren meist in drei Klassen unterteilt:
Großkreuze, Komture und Ritter. Das entsprach in der
Klassifizierung exakt der Einteilung nach Generalen,
Stabsoffizieren und Subalternoffizieren. Dieses
grundlegende Modell stammt von dem bereits 1693 in
Frankreich gestifteten St.-Ludwigs-Orden für
militärische Verdienste, angeregt vom Sonnenkönig Ludwig
XIV.
Berühmte deutsche Militärverdienstorden hielten sich an
die drei Klassen, so der bayerische
Militär-Max-Joseph-Orden (in der Form von 1806), der
badische Militärische CarI-Friedrich-Verdienstorden
(1807) oder etwa der württembergische
Militär-Verdienstorden (in der Form von 1818).
Die konsolidierten Staaten kämpften um die Ausdehnung
ihrer Machtbereiche, gleich ob nun ökonomisch, politisch
oder territorial. Die neuen Stiftungen von Orden und
Ehrenzeichen spiegeln das anschaulich wider. Sie
erfolgen zumeist zur denkwürdigen Erinnerung an Kriege
oder einzelne Schlachten. Der österreichische
Militär-Maria-Theresien-Orden wird 1757 nach der
Schlacht bei Kolin ins Leben gerufen, die
österreichische Militär-Ehrenmedaille (Tapferkeitsmedaille)
Joseph II. von 1789 hatte die Türkenkriege zum Anlaß.
Ein weiterer entwicklungsgeschichtlicher Einschnitt im
Auszeichnungswesen sind die Französische Revolution und
die Napoleonischen Kriege. Wie in der Geschichte vieler
Völker unternimmt die Französische Revolution den
Versuch, Privilegien, Titel, Orden und Ehrenzeichen der
verhaßten Vorgänger abzuschaffen, nicht zuletzt, weil
man darin einen Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip
aller Menschen sah. Oft verkehrt sich das
Egalité-Prinzip jedoch ins Gegenteil - rief doch 1802
der 1. Konsul Napoleon Bonaparte die bekannte und heute
in aller Welt noch hoch geachtete Ehrenlegion ins Leben!
Die Koalitionskriege sowie die kriegerische
Konstellation Napoleon gegen Europa (und umgekehrt)
brachten eine Fülle neuer Auszeichnungen hervor. So
fühlte sich Friedrich Wilhelm III. 1813 bewogen, das
wohl berühmteste deutsche Ehrenzeichen zu stiften - das
Eiserne Kreuz.
Eiserne Kreuze von 1870 in
der ersten und der zweiten Klasse
Mehr als 130 Jahre hat das
EK in Deutschland in vier großen Kriegen als
Ehrenzeichen und ab 1939 als Orden eine zentrale Rolle
gespielt. Zunächst würdigen die Militärverdienstorden
nur die Leistungen von Offizieren, wie etwa der Pour le
Mérite Friedrichs des Großen. Diese Einschränkung wird
jedoch bald aufgegeben. Unteroffiziere und Mannschaften
werden durch Tapferkeits- und Militärverdienstmedaillen
bedacht, bestimmte davon sind mit einer Geldprämie oder
lebenslangem Ehrensold verbunden. Sie standen hoch im
Ansehen wie die Bezeichnung „Pour le Mérite für
Unteroffiziere“ bzw. „Mannschafts-Pour le Mérite“ für
das goldene Militär-Verdienstkreuz von Preußen beweist.
Die Vielfalt der Sterne, Kreuze und Medaillen entsteht
nach dem tiefen Sturz Napoleons. Zu Beginn des 19.
Jahrhunderts bildet sich daneben eine Form der
Auszeichnung heraus, die neben ihrer Funktion als
Tapferkeitsauszeichnung zusätzlich als
Erinnerungsmedaille oder -kreuz fungierte. 1813 war das
große Jahr der Kriegs(ge)denkmünzen, meist aus der
Bronze eroberter Geschütze geprägt. Medaillen für
Kämpfer und Nichtkämpfer schließen sich an.
Kriegsauszeichnungen staffeln sich nach Front-, Etappen-
und Heimatverdienst. Im Frieden gibt es Auszeichnungen
für das
stehende Heer, die Feuerwehr, Polizei und
Zollformationen, für Verdienste in der Wirtschaft, im
Sport, im Sanitäts- und Rettungswesen, für Kunst und
Wissenschaft sowie für Lebensrettung.[1]
[1] aus Nimmergut,
Jörg; "Deutsche Orden";Heyne-Verlag 1979