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Eine Galvanoplastische Nachbildung
 
veröffentlicht in: "Orden und Ehrenzeichen", Das Magazin für Sammler und Forscher, Nr. 1 Seite 10, 1999
 
Die Jagd nach phaleristischen Raritäten macht den Ordensammler erfinderisch. Nicht nur die Kataloge der bekannten Militaria-Auktionshäuser, sondern auch die der Briefmarken-, Autographen- und Münzauktionen werden zunehmend stärker durchforstet. Dabei treten die Sammler den nicht auf Orden spezialisierten Händlern etwas zu leichtgläubig gegenüber. Frei nach dem Motto, Numismatiker sind die Experten für Geprägtes oder was so selten ist und so billig im Katalog angesetzt, kann, ob der nicht immer vorhanden Kenntnis über Ehrenzeichen, nur echt sein.
Weit gefehlt. Gerade deshalb sollte man hier besonders kritisch sein. Es ist leicht einzusehen, das ein nicht richtig beurteiltes und daher zu günstig taxiertes Stück vor der Versteigerung eher oberflächlich geprüft wurde.

 Besonderes Wissen ist hier über den Unterschied von Prägung zu Guß und Galvano gefordert. Beide Techniken, ein seltenes Ehrenzeichen nachzufertigen, sind wenn sie richtig angewendet werden, nicht sehr leicht zu erkennen; besonders nicht in der Aufregung vor oder während der Auktion. Im Folgenden sollen daher die wichtigsten Merkmale aufgezeigt sein und dem Sammler als Hilfe dienen. Als Beispiel für den Galvano dient hier ein extrem seltenes von Herzog Adolph am 13. Februar 1843 gestiftete nassauer Ehrenzeichen, die Lebensrettungsmedaille.
 

1.Modell avers 1.Modell reverse

Die  von Christian Zollmann entworfene, silberne Medaille war rund mit einem erhöhten, glatten, zweistufigen Rand. Die Vorderseite zeigte den nach rechts blickenden jugendlichen Kopf des Stifters mit der Umschrift „ ADOLPH HERZOG VON NASSAU“ und auf der Rückseite war in vier Zeilen die Inschrift zu lesen „FÜR / RETTUNG / AUS / LEBENSGEFAHR“; darunter eine waagerechte Verzierungsleiste. Geprägt wurden 54 Medaillen. Nachdem diese 54 Medaillen alle verliehen worden waren, sollten in den sechziger Jahren neue geprägt werden. Anscheinend wollte man das nicht mehr der Realität entsprechende, jugendliche Kopfbild des Herzogs ändern. So entstand eine neue Vorderseite der Medaille mit einem vom Münzmeister F.Korn geschnittenen, nach links blickenden, älteren Kopf Herzog Adolphs ( mit Backenbart ). Von dieser zweiten Prägung wurden im Sommer 1865 30 Stück hergestellt, wovon jedoch nur 5 zur Verleihung kamen, während die übrigen 25 im November 1866 eingeschmolzen wurden. Somit ist diese Medaille außerordentlich selten.[1]
Die abgebildete Medaille wäre ein solch seltenes Stück, wenn sie nicht auf galvanoplastischen Wege hergestellt worden wäre.
 

Vorderseite Rückseite

Woran erkennt man jedoch nun einen solchen Galvano ?

Hierzu ersteimal etwas zur Herstellung.

Ausgegangen wird zweckmäßiger Weise immer von einem Original. Von diesem wird eine Negativform hergestellt. Früher verwandte man dafür Wachs mit beigemischten Graphitpulver, heute bieten die vielfältigen Silikon-Kautschuk-Abgußmassen, die vielfach in der Dentaltechnik Verwendung finden, weit perfektere Abdrücke. Die mit Leitmitteln ( z.B. Graphitpulver ) leitend gemachte Oberfläche der Negativform wird mit dem negativen Pol ( Kathode ) einer Gleichstromquelle verbunden, während der positive Pol ( Anode ) an einer Platte reinen Kupfers angeschlossen wird. Im elektrolytischen Bad läuft nun ein Redox-Prozeß ab, der dazu führt, daß sich an der leitend gemachten Negativform ein Metallüberzug aus Kupfer bildet, der je nach Behandlungdauer mehr oder weniger dick ausfällt. Dieser Metallüberzug, Galvanoplastik, kann dann aus der Form genommen, mit einem entsprechenden Metall ausgegossen und zusammengelötet werden.[2]

Heute wird Blei vielfach als Füllmaterial für galvanoplastische Nachbildungen verwendet. Das Blei wird dabei mit Antimon legiert, und es ergibt sich die gleiche Dichte wie für Silber, d.h. die Nachahmung hat fast das gleiche Gewicht wie das Original. Diese galvanoplastische Nachbildungen sind von den echten Silberprägungen dadurch zu unterscheiden, daß sie vollkommen klanglos sind.[3]
Ein weiteres Merkmal der galvanoplastische Nachbildungen ist die Lötnaht ( siehe Abbildung ), um die beiden Galvanohälften zusammenzufügen.

Löhtnaht
Schnitt durch eine galvanoplastische Medaille

Auch die Oberfläche kann als Index zur Unterscheidung von Prägung und Original herangezogen werden. Eine Galvanooberfläche kann immer nur so gut sein wie die Qualität des vom Original genommenen Abdruckes. Im Bild gut zu sehen sind die Abdruckproblemzonen. Das verschlossene K sowie das nicht vollstäng freistehende N.

Stempelschneider


Zum Thema Guß kann an dieser Stelle, da dieses Thema bisher genügend behandelt wurde, nur an die bereits erschienen Beiträge in diversen OMM´s ( z.B. Nr.34; S.17 ) sowie INFO-Heften ( z.B. Nr.41; S.22ff ) verwiesen werden.
Dennoch sei an dieser Stelle gesagt, daß die Oberfläche eines Gusses im Vergleich zu einem Galvano mehr nach einer stark getragenen Auszeichnung aussieht, während der Galvano je nach Abdruck sehr scharfe dem geprägten sehr nahekommende Konturen aufweist.
 

[1] Schoos, Jean; „Die Orden und Ehrenzeichen des Großherzogtums Luxemburg und des ehemaligen Herzogtums Nassau in Vergangenheit und Gegenwart“; 1990; S.141f
[2] Schulz, Gerd M.;“O´Gott-ein Galvano“;INFO; Nr.40; 1985; S.12f
[3] Hammer, Peter; „Metall und Münze“; S.186

© A. Schulze Ising, II/99
 
 
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