|
|
|
Wohl kein
weiteres Ehrenzeichen ist so bedeutsam aufgeladen wie das
Eiserne Kreuz. Zumindest kann diese Aussage vollumfänglich
für die erste Stiftung des Jahres 1813 und mit
respektvollem Abstand ebenso für die Wiederbelebung im
Jahre 1870 festgeschrieben werden. Die historische
Dimension, die einnehmende Ästhetik der Symmetrie und auch
die ansprechende Verbindung zweier Metalle, die
unterschiedlicher nicht sein können, offenbaren nur wenige
Ansätze warum zeitgenössische Realien dieser patriotischen
Insignien, so überaus begehrt sind. Dieser Nachfrage steht
nun, wie so oft, nicht das gewünschte Angebot gegenüber
und es folgt was folgen muss, der Bedarf wird mit
neuzeitlichen Anfertigungen bedient. Im Weiteren sollen,
durch Literaturauswertung und vergleichender Einbeziehung
einer Fotodokumentation, wichtige, überlieferte
Zusammenhänge und eine offensichtliche Fälschung
beleuchtet werden. Beginnend, gebührt hier
selbstverständlich dem Altmeister der preußischen
Auszeichnungsliteratur das Wort. Der Geheime Hofrat und
Vorleser Seiner Majestät des Königs, Louis Schneider,
führt in seinem 1872 erschienenen Werk "Das Buch vom
Eisernen Kreuze" im Zusammenhang mit der Fertigung des
durch König Wilhelm I, mit Urkunde vom 19. Juli 1870, dem
Todestag seiner verehrten Mutter, Königin Luise, neu
gestifteten Eisernen Kreuzes, folgendes aus: "Am
30.Juli, also am Tage vor der Abreise des Königs zur Armee,
überreichte der Präses der General Ordens Commission,
General-Adjutant v. Bonin, ein fertiges Eisernes Kreuz und
am Tage der Abreise selbst schrieb der König auf das
Begleitschreiben des Generals v. Bonin: "Einverstanden",
so dass nun an den Direktor der Eisengießerei, Bergrath
Schmidt, der Auftrag ergehen konnte, den Guss der Kreuze
nach genehmigtem Modell beginnen zu lassen. Am 11. August
meldete Direktor Schmidt, dass die mit der Silberfassung
beauftragten Juweliere sich die Eisernen Kreuze abholen
lassen könnten." Weiterhin nennt Schneider die
Verleihungszahlen im Einzelnen und stellt zusammenfassend
fest, dass bis Juli 1871, 44.489 Kreuze von der General
Ordens Kommission an das Militärkabinett abgeliefert und
von diesem nach Befehlen Seiner Majestät des Königs
ausgegeben wurden. Bei der erwähnten Gießerei handelt es
sich um die im Jahre 1804 gegründete Königliche
Eisengießerei zu Berlin, ansässig vor dem Oranienburger
Tor, die neben der Königlichen Eisengießerei in Gleiwitz
auch schon Kerne für die Kreuze der Befreiungskriege
herstellte. Um im Weiteren tragfähige Ableitungen zur
Materie zu finden, ist eine Exkursion in die damaligen
Produktionszusammenhänge unerlässlich. Die Berliner
Gießerei besaß ein hohes technisches Know-how, konnte sie
doch zur Umsetzung der geforderten Aufgabe auf eine lange
und erfolgreiche Firmengeschichte zurückblicken. Aus ihren
Werkstätten stammten beispielsweise die im Jahre 1816
gebauten, ersten beiden Zahnraddampfloks Kontinentaleuropas,
das Denkmal für die Befreiungskriege auf dem Berliner
Kreuzberg und die Berliner Schlossbrücke, die auch heute
noch von der Leistungsfähigkeit der Fabrik an der
Invalidenstraße zeugt. Aber nicht nur Großprojekte fanden
dort ihre vollendete Umsetzung, denn besonders die unter der
Begrifflichkeit Berliner Eisen oder Fer de Berlin bekannten
Dekorationskunstwerke und Schmuckstücke prädestinierten
die Unternehmung außerordentlich zur Herstellung der Kerne
für die Kreuze aus Eisen. Begeben wir uns aber in die
Werkstätten um die damaligen Produktionsabläufe näher
kennenzulernen. Nach der Bestätigung der neuen Entwürfe
waren im ersten Arbeitsschritt Modelle aus Wachs zu fertigen,
von denen dann Mutterstücke aus den weicheren Metallen Zinn
oder Silber abgenommen wurden. Dann erfolgte die Anfertigung
der Formen, die mit sehr feinem, mehrfach gesiebtem und am
Ende durch ein Leinentuch ausgeschlagenen Ton angereicherten
Sand gefüllt wurden. Vom Former mit Wasser angereichert und
zu einer knetfähigen Masse verarbeitet, wurde diese dann
mittels eines Stampfhammers in der vorbereiteten Form stark
verdichtet. Nach dem Glätten erfolgte das Einpressen der
Arbeitsstücke und anschließend konnte die vorbereitete
zweite Seite der Form aufgesetzt und unter Druck mit der
ersten zusammengefügt werden. Nach der folgenden Trennung
der beiden Hälften, die durch das vorherige Bestäuben der
Auflageflächen mit feinem Kohlenstaub problemlos geschehen
konnte, wurden die Urstücke entnommen und die
zurückbleibenden Abdrücke durch feine Kanäle miteinander
verbunden. So entstand ein sogenannter Gussbaum. Nach dem
Trocknen der fertigen Formen begann nun der eigentliche Guss.
Die damit vertrauten Arbeiter entließen das flüssige Eisen
aus dem Schmelztiegel in eine dafür angefertigte Öffnung
der Form und dort verteilte es sich gleichmäßig in allen
Hohlräumen. Über vorher angelegte Auslässe entwich die
dabei verdrängte Luft. Diese Technik ermöglichte die
Herstellung hoher Stückzahlen in kürzester Zeit.
Abb.
1: Die illustrierte Zeitschrift "Stein der Weisen"
veröffentlichte zu Beginn des Ersten Weltkrieges den
traditionellen Herstellungsprozess der Eisernen Kreuze.
Anfänglich wurden diese noch gegossen, bis der enorme
Bedarf andere Produktionsmethoden notwendig machte. Die
überwiegende Anzahl der über 5 Millionen vergebenen
Insignien des Weltkrieges wurde geprägt.
Nach dem
Erstarrungsprozess des Eisens wurden die Formen getrennt und
die entnommenen Stücke durch einen leichten Schlag von den
Verbindungen befreit. Mit einem Polierstein nahm man die
notwendigen Ab- und Feinschliffarbeiten vor, worauf sich
dann das Tempern anschloss. Dabei wurden die Stücke
nochmals gleichmäßig erwärmt und ein dunkler Firnis,
hergestellt aus Leinöl, Harz, Bleiglanz und Weihrauch oder
Kienruß aufgetragen. Durch das anschließende, abermalige
schnelle Erhitzen, verflüchtigte sich das Öl und zurück
blieb eine dauerhafte, mattglänzende, schwarze Färbung,
dass typische Erscheinungsbild der Eisernen Kreuze. Der
beschriebene Prozess wird auch als unechte Brünierung
bezeichnet, hat aber mit dem echten Brünieren nichts gemein,
da hierbei eine chemische Reaktion des Grundmaterials an
sich angeregt wird und eine Art Edelrost entsteht. Hingegen
handelt es sich beim unechten Brünieren um einen dünnen,
stark haftenden Überzug, der sogenannten Schwärzung. Nun
lassen sich aus den festgestellten Zusammenhängen erste
Schlüsse ziehen. Die Mehrheit der für den Feldzug 1870/71
vergebenen eisernen Ehrenzeichen muss einen identischen Kern
besitzen, da diese alleinig von der Königlichen
Eisengießerei Berlin hergestellt wurden. Kleinere
Abweichungen erklären sich aus der beschriebenen
Fabrikationsmethode. Nur bei den Zargen können markante
Unterschiede auftreten, da das Fassen der Kerne, wie
überliefert, durch mehrere Juweliere erfolgte. Doch geben
wir Schneider, der selbst Träger des "Eisernen"
Zweiter Klasse am weiß-schwarzen Bande war, noch einmal das
Wort denn in seinem Werk geht er ein weiteres Mal auf die
Verleihungszahlen ein und stellt fest, dass im März 1872 in
Folge nachträglicher Ermittlungen noch einige Tausend
Kreuze zweiter und erster Klasse vergeben wurden. Woher die
Stücke für diese Nachverleihungen bezogen wurden erwähnt
der Geheime Hofrat nicht. Wahrscheinlich ist ein erneuter
Bezug von der Königlichen Gießerei, womit diese logische
Normalität auch keiner weiteren Erwähnung durch Schneider
bedurfte. Mit der folgenden Bilddokumentation soll das Thema
nun deutlich sichtbar gefasst und weiter erläutert werden.
Eine Zuordnung von EKII 1870 kann nur aus einer Ableitung
von Hersteller gekennzeichneten Kreuzen der Ersten Klasse
erfolgen.
Abb.
2: EKI 1870 mit Herstellerkennzeichnung Johann Wagner &
Sohn, Berlin.
Genau
diese Kernvariante, mit dem typischen Zahlen- und
Kronendesign, ist auch bei Kreuzen der zweiten Klasse am
häufigsten zu finden und es kann davon ausgegangen werden,
dass es sich dabei um die von Schneider beschriebenen Kerne
aus der Berliner Fabrikation handelt.
Abb.
3: EKII 1870, das Kerndesign entspricht dem zuvor gezeigten
Stück der Erster Klasse.
Weitere
Indizien finden sich in der ordenskundlichen Literatur.
Jörg Nimmergut bildet in Band 2 seiner Publikation,
Deutsche Orden und Ehrenzeichen bis 1945, ein Stück mit
Gravur ab, welches sich heute in der Sammlung des Hauses
Doorn befindet. Das Kreuz zeigt das bisher beschriebene
Kerndesign und wird dem damaligen Kronprinzen Friedrich
Wilhelm zugeschrieben, der es bereits am 20. August 1870 aus
der Hand seines Vaters erhielt. Somit befand sich auch der
ehemalige Reichskanzler Bismarck in bester Gesellschaft, da
sein EKI, abgebildet im kürzlich erschienenen Buch über
die Gesamtheit seiner Auszeichnungen, ebenfalls sehr
deutlich erkennbar diesen Kern aufweist. Weiter untermauernd
kann dieser Typ außerdem vielfach auf zeitgenössischen
Trägerabbildungen nachgewiesen werden.
Abb.
4: Der spätere Kriegsminister, Karl von Einem gen. von
Rothmaler,
Abb.
5: Generalleutnant, Bernhard von Oesterreich.
Abb.
6: Ausschnitte aus Abbildungen unbekannter Träger.
Dieses
Kernmodell soll im Folgenden mit dem Buchstaben A benannt
werden. Alle untersuchten Exemplare dieses Typs A weisen
folgende Charakteristika auf. Die Kerne sind gegossen. Die
Größe variiert im zehntel Millimeterbereich und
überschreitet die Breite und Höhe von 42 Millimeter nur
selten. Die Gewichte können zwischen den Werten 15,6 - 17,5
Gramm festgestellt werden. Die Ringöse ist auffällig weit
oben angebracht, meist einseitig offen und es sind niemals
Hersteller- oder Feingehaltspunzen festzustellen.
Abb.
7: Einseitig offen verlötete Ringösen.
Die Kerne
sind nicht lackiert sondern wie bereits beschrieben
geschwärzt.
Abb.
8: Rückseite eines geschwärzten Kerntyps A.
Nach der
Vorstellung des Kerns A soll nun eine zweite Variante mit
völlig abweichendem Muster nachgewiesen werden. Auch hier
kann die Zuordnung über die markierten Ersten Klassen
abgeleitet werden. Im Folgenden soll dieser Kern als Typ B
bezeichnet werden. Die Abbildungen zeigen ein Kreuz der
Ersten Klasse von Godet, Berlin, und beispielgebend eine
Zweite Klasse mit identischem Kern.
Abb.
9: EKI 1870 mit Herstellerkennzeichnung, Godet.
Charakteristisch sind das schlanke Zahlendesign, die schräg
stehende Acht und die hohe schmale Null.
Abb.
10: EKII 1870 mit schräg stehender Acht und hoher schlanker
Null.
Zur
zeitgenössischen Einordnung hilft wiederum der große
Nimmergut. Dort wird ein Kreuz dieses Typs, dass aus dem
Besitz Kaiser und König Wilhelm I stammt, gezeigt und als
Referenz die Stiftung Preußischer Kulturbesitz angegeben.
Der Nachweis dieses Kerns ist aber auch hier mühelos durch
die Auswertung von Trägerabbildungen zu erbringen.
Abb.
11: Unbekannter Veteran, eindeutig kann das vergrößert
dargestellte EK dem Typ B zugeordnet werden. Foto: Aron
Willers, Friedrichshafen
Die
Exemplare des Kerntyps B weisen folgende Erkennungsmerkmale
auf. Die Kerne sind gegossen. Die Größe variiert ebenfalls
im zehntel Millimeterbereich, überschreitet aber auch hier
nur gelegentlich die Breite und Höhe von 42 Millimeter. Die
Gewichtsermittlung ist nach unten leicht verzerrt, da
mehrere geprüfte Kreuze Reparaturen aufweisen. Bei 16,0
Gramm beginnend ist jedoch die Feststellung, dass auch beim
Typ B kein Kreuz über 17,6 Gramm wiegt, von Bedeutung. Die
Kerne sind nicht lackiert sondern geschwärzt.
Abb.
12: Rückseite eines geschwärzten Kerntyps B.
Die
Ringösen sind auch hier weit oben angebracht, meist
einseitig offen und es sind keine Hersteller- oder
Feingehaltspunzen feststellbar. Die bisherigen Ausführungen
erlauben das Fazit, dass zwei belegbare zeitgenössische
Kerntypen, bezeichnet als A und B definiert werden können.
Die wesentlichen Merkmale, Guss, Schwärzung statt
Lackierung, hohe Öse sowie fast identische Gewichts- und
Größenmerkmale sind bei beiden Typen sehr ähnlich.
Lediglich im Design unterscheiden sich die Varianten
auffällig. Die weitere Verfolgung der Zusammenhänge führt
uns nun in das Jahr 1874. Eine bisher, in der Beurteilung
des Themas, nicht gewürdigte Tatsache, stellt die
Schließung der Königlich Preußischen Eisengießerei zu
Berlin dar. Kaiser und König Wilhelm I ordnete diese mit
Ordre vom 31. März 1873 an und der letzte Guss erfolgte am
05. Januar 1874. Das Inventar der Gießerei wurde
versteigert oder an andere staatlich Betriebe und
Institutionen übergeben. Damit ging nicht nur eine
historisch und kulturell wertvolle Ära des Eisenkunstgusses
in Berlin zu Ende, sondern es wird auch die den Phaleristen
interessierende Frage aufgeworfen, wer nach der Einstellung
des Geschäftsbetriebes der Gießerei, Kerne für das
Eiserne Kreuz herstellen und liefern konnte um die Nachfrage
nach Ersatzstücken zu befriedigen. Davon nicht trennbar ist
weiterhin die Frage nach der Relevanz des nachgewiesenen
Kerntyp B. Wie dargestellt, findet dieser Typ B in den
Kreuzen der Firma Godet, Berlin, Verwendung und das, nach
heutigen Erkenntnissen, ausschließlich. Es sind keine
Kreuze, die eindeutig, anderen Herstellern zuzuordnen sind,
mit diesem Kerndesign bekannt. Anders beim Typ A, hier sind
durchaus weitere herstellersignierte Kreuze bekannt, die
nicht von Wagner, Berlin, stammen. Erinnern wir uns noch
einmal an die Ausführungen des Geh. Hofrates Schneider,
"…. meldete Direktor Schmidt, dass die mit der
Silberfassung beauftragten Juweliere sich die Eisernen
Kreuze abholen lassen könnten." Folgt man der
Ableitung, dass der Kerntyp A aus der Berliner Gießerei
stammt und an mehrere Juweliere zum Fassen in die dafür
bestimmten Zargen abgegeben wurde, wird klar warum es
differente Zargen gibt und warum gekennzeichnete EKI 1870
anderer Firmen, beispielsweise Godet, mit dem Kerntyp A
bekannt sind.
Abb.
13: EKI 1870 Kerntyp A, aber mit Herstellerkennzeichnung,
Godet. Foto: Markus Bodeux, Herne
Der
Kerntyp B jedoch, ist nur mit der Kennzeichnung Godet
bekannt. Daraus lässt sich nun schließen, dass die Firma
Godet die Kerne entweder für ihre eigene Produktion
herstellen ließ oder wahrscheinlich sogar selbst goss.
Einen interessanten Hinweis gibt auch hier die
Sekundärliteratur. Im Standard werk zum Thema Eisernes
Kreuz von Friedhelm Heyde über die EK Sammlung von Max
Aurich, erschienen im Jahr 1980, führt der Autor im
Zusammenhang mit den Spätverleihungen an erbberechtigte
Veteranen der Befreiungskriege, folgendes aus. "Ob der
Guß der Platten (Kerne, d. Vf.) auch nach 1835 in der Kgl.
Preuß. Eisengießerei Berlin (Gleiwitz) erfolgte, oder
bereits bei dem auch für Eisengießerei privilegierten
Ordensjuwelier Godet, ist noch nicht eindeutig verifiziert."
Das heißt, Godet besaß die Kompetenz für eine solche
Arbeit und wie der ordenskundlich Interessierte weiß, hatte
diese Unternehmung einen ausgeprägten Drang alles, in
eigener Hand und unter individueller gestalterischer
Konzeption, umzusetzen. Als Beispiele seien hier die
typischen Godetschwerter, die völlig abweichende
preußische Rote Kreuz Medaille der Ersten Klasse und die
stilistisch rundweg divergierenden Preußischen Ordenssterne
angeführt. Das komplett abweichende Design des Kerntyps B
reiht sich in diese Aufzählung merklich passgenau ein.
Wirtschaftlich sinnvoll war eine solche Maßnahme ebenfalls,
da neben dem Bedarf an Zweitstücken auch die äußerst
ungenügend, haltbare Anbringung der Ringöse mit Sicherheit
einen entsprechenden Reparatur- aber auch Ersatzbedarf für
verlorengegangene Stücke erzeugte. Dieses Problem ist schon
bei den Kreuzen der ersten Stiftung aufgetreten, aber warum
diese sicherlich bekannte Erfahrung keine Berücksichtigung
bei den Fertigungen der 1870ziger Kreuze fand, bleibt
unbeantwortet. Vielleicht wurde das Handeln von der
gelegentlich postulierten, fraglichen Handwerkerlogik
"Was länge hält, bringt kein Geld" beeinflusst.
Abb.
14: Deutlich erkennbar ist die charakteristische Reparatur
der getragenen Auszeichnung.
Abb.
15: Zeitgemäße Wiederherstellung einer gelösten Ringöse.
Das an
dieser Stelle zu findende, abschließende Resümee lautet,
die Kerntypen A und B sind als zeitgenössische Fertigungen
anzusprechen. Der Kern A, aus der Berliner Gießerei, wurde
für Verleihungs- und Zweitstücke von verschiedenen
Juwelieren, überwiegend jedoch von Wagner, gefasst. Der
Kern B, wahrscheinlich direkt aus den Werkstätten von
Godet, fand Verwendung in Kreuzen die den Bedarf an Ersatz-
und Zweitexemplaren befriedigten. In diesem Zusammenhang ist
es erwähnenswert, dass sich Stücke mit dem Kern B
wesentlich häufiger an großen Ordensspangen finden als
Exemplare des Typs A, eine Tatsache die für regelmäßige
Herstellung und florierendem Vertrieb von Zweitstücken
spricht. Nach diesem analytischen Ausflug in das
Stiftungsumfeld, den Herstellungsprozess und den
historischen Kontext soll noch ein weiterer Kreuztyp
beschrieben werden. Dabei handelt es sich um eine
Ausführung die weder durch einen gesicherten
Trägernachlass noch in anderer geeigneter Form nachgewiesen
werden konnte und erst vor einigen Jahren am Markt
auffällig wurde. Diese Aussage wird zusätzlich dadurch
bestätigt, dass in der Publikation von Friedhelm Heyde,
über die Aurich Sammlung, kein Stück mit solch einem
Kerntyp zu finden ist. Bei Harald Geißler, dessen EK Buch
1995 erschien, ist ein Kreuz mit einem solchen Kern
ebenfalls nicht identifizierbar und auch im bereits
zitierten Werk von Jörg Nimmergut, erschienen 1997, finden
sich ausschließlich Abbildungen von Kreuzen mit den
zeitgenössischen Kerntypen A und B. Erst eine neuere
Publikation wie das Buch, The Iron Time, des amerikanischen
Autors Stephen Previtera aus dem Jahr 2007, bildet solche
Exemplare als Originale ab. Die Auffälligkeiten werden
folgend aufgezeigt. - die Kerne sind nicht gegossen sondern
geprägt - die Kreuze sind größer und variieren von 42 bis
44 Millimeter - die Ausführungen sind wesentlich schwerer
und wiegen grundsätzlich über 19 Gramm
Abb.
16: Klar sichtbar, sind die oberen Kreuze größer und
wuchtiger als die unteren Stücke der bestätigten Typen A
und B.
- der
neunte Punkt im aversseitigen Kronenreif ist regelmäßig
größer, etwas nach unten versetzt und deutlich sichtbar
hervorstehend
Abb.
17: Kronreif mit auffälliger neunter Perle und
Herstellerkennzeichnung Z oder N im Ring.
- die
Linienführung der vorderseitigen Acht liegt übereinander
und nicht nebeneinander, auf gleicher Höhe, wie beim Typ
A
Abb.
18: Überschlagene Linienführung der Acht.
-
rückseitige machen sich die Acht und die mittlere Eins
meist durch Ausbrüche im unteren Bereich auffällig
Abb.
19: Markante Fehlstellen bei den reversseitigen Zahlen.
-
die Ringöse ist ziemlich tief aufgelötet und der Bandring
ist fast immer mit einer Herstellerpunze versehen
Abb.
20: Herstellermarkierung L im Bandring und ein
charakteristisch, auffallender neunter Punkt im Kronreif.
-
die Kerne sind durchweg lackiert und nicht geschwärzt
Abb.
21: Deutlich erkennbar ist die Lackierung des Kerns und die
durch Abrieb glänzende, größere neunte Perle.
Das es
sich bei den beschriebenen Kreuzen nicht um verliehene
Exemplare handeln kann, sollte schon durch die Ausführungen
Louis Schneiders und das völlige Fehlen von Abbildungen und
Besprechungen in der früheren Literatur tragfähig
untermauert sein. Aber, die Tendenz diese Fabrikate als
Originale oder Zweitstücke anzusprechen, findet trotzdem
immer wieder Gehör. Grundsätzlich soll ein hoher Bedarf an
Ersatzstücken nicht in Abrede gestellt werden. Die
bisherigen Ausführungen zur Reparaturanfälligkeit und auch
die Jubiläumsfeier zum 25ten Jahrestag der Stiftung, werden
den Bedarf an Zweitstücken sicherlich zusätzlich
gefördert haben. Daher soll nicht pauschalierend jedes
andere Kreuz, als Exemplare mit den Kerntypen A und B, als
zweifelbehaftet deklariert werden. Der besprochene Markt
für Ersatzstücke hat sicher noch andere Varianten
hervorgebracht. Die folgenden Abbildungen zeigen ein
Beispiel, dass durchaus als zeitgenössisches Zweitstück
angesprochen werden kann. Der hier lackierte Kern ähnelt
dem Typ A weicht jedoch in einigen Details augenfällig ab.
Abb.
22: Avers eines Zweitstücks.
Abb.
23: Revers eines Zweitstücks.
Die zuvor
angesprochene Ausführung macht sich jedoch durch folgende
Vergleiche stark als Kopie verdächtig. Größe und Gewicht
dieser Stücke entsprechen den durchschnittlichen Werten der
EKs des Ersten Weltkrieges und liegen damit auffallend über
den festgestellten Normen, der mit den Kerntypen A und B
ausgestatteten 1870ziger Kreuze. Die Ringöse ist den
meisten Exemplaren, der Version 1914 ähnlich, wesentlich
tiefer angebracht und die geprägten Kerne sind wie bei den
14ner EKs lackiert. Doch damit hat sich die Aufzählung der
Verdachtsmomente noch nicht erschöpft. Am belastbarsten ist
der Nachweis von Herstellermarkierungen in den Bandringen.
Diese Codierungen lassen sich problemlos bei den
Weltkriegsstücken nachweisen und eindeutig jener Zeit
zuordnen. Spätestens an dieser Stelle, sollte aus der Summe
der Wahrnehmungen ein Muster entstanden sein, dass diese
Machwerke als moderne Fälschungen kategorisiert,
hergestellt, aus nachgefertigten Kernen und mit Zargen der
Weltkriegsstücke versehen. Die Falsa werden als
Neunpunktfälschung bezeichnet und sind bisher mit folgenden
Markierungen in den Bandringen bekannt. L, WS, Wilm, N oder
Z, KO, CD 800, MFH, G, K.A.G., L.W., IVI, R-W Neben KO sind
K.A.G. und CD die häufigsten Herstellerkennzeichnungen
Eiserner Kreuze des Ersten Weltkrieges. Ein eventuell
schnell ausgelöster gedanklicher Reflex, dass es sich bei
den verurteilten Stücken um Bedarfsanfertigungen für
Veteranen handeln könnte, hergestellt in der Zeit des
Ersten Weltkrieges oder kurz danach, wird einerseits
aufgrund des, aus der biologischen Logik abzuleitenden
geringen Bedarfs und andererseits mit der Begründung
abgelehnt, dass die mit der Herstellung von Eisernen Kreuzen,
der Stiftung des Jahres 1914, beauftragten Unternehmen,
sicherlich andere Lieferverpflichtungen zu erfüllen hatten
als 1870 ziger Kreuze in so hoher Anzahl zu produzieren,
dass sie den heutigen Markt in so befremdlichen
Größenordnungen dominieren. Dabei soll allerdings nicht
verkannt werden, dass es auch nach 1918 noch ein, sicher
geringes, aber dennoch nachweisbares, Angebot an EKs der
Ausführung 1870 gab. Die gezeigten Neunpunktfälschungen
lassen jedoch aus ihrer klaren Konstruktionsverwandtschaft
mit den Weltkriegstücken und dem vermehrten Auftreten in
den letzten Jahren keine andere Ableitung zu, als die
Einordnung in die Gattung neuzeitlicher Kopien. Dieser
Schuldspruch soll zusätzlich durch eine weitere
Demonstration gestützt werden, die zeigt, wie
unprofessionell diese Stücke nach dem Austauschen der Kerne
wieder zusammengefügt wurden. Originale Stücke weisen
regelmäßig eine feine gleichmäßige Lötnaht auf und
zeugen von der handwerklichen Routine der damaligen
Silberarbeiter. Das Beherrschen dieser Fertigkeit darf mit
ruhigem Gewissen auch den darin bewanderten Arbeitern
während des Ersten Weltkrieges zugesprochen werden und
steht somit in klarer Diskrepanz zu den vorgestellten
Fälschungen. Darüber hinaus kann die Notwendigkeit, die
Zargen in der Zeit des Weltkrieges zu öffnen und wieder zu
schließen, nicht einmal im Ansatz reklamiert werden, denn
selbst im Bedarfsfall hätten den Herstellern sicher
ausreichend unverarbeitete Originalteile zur Verfügung
gestanden.
Abb.
24: Die Montage zeigt eine Auswahl der ungeschickt wieder
verschlossenen Zargen. Offensichtlich gelingt nicht einmal
die passgenau, übereinanderliegende Verlötung.
Diese
letzte eindeutige Beweisführung für das Öffnen und das
unprofessionelle Wiederverlöten der gezeigten Kopien
sichert die gefundenen Ableitungen auch aus der Sicht des
Handwerklichen ab. Doch damit kann der Abgesang auf diese
Anfertigungen leider noch nicht restlos verklingen, denn es
darf nicht unerwähnt bleiben, dass die beschriebene
Neunpunktfälschung auch für Stücke der Ersten Klasse 1870
proklamiert werden muss, eher selten, aber es gibt sie
leider.
Danksagung:
Den Herren Markus Bodeux, Herne, Michael Fischer, Ladenburg
und einem, anonym bleiben wollenden Kenner, dieser
Spezialmaterie, danke ich für den anregenden Austausch zum
Thema.
Literatur:
Arndt, L. / Müller-Wusterwitz. N., Die Orden und
Ehrenzeichen des Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck,
Offenbach, 2008. Geißler, H., Das Eiserne Kreuz,
Norderstedt, 1995. Hessenthal, W. v. / Schreiber, G., Die
tragbaren Ehrenzeichen des Deutschen Reiches, Berlin 1940.
Heyde, Friedhelm, Monographien zur Numismatik und
Ordenskunde, Preußen-Sammlung Max Aurich, Teil C, Das
Eiserne Kreuz, Osnabrück, 1980. Meyers großes
Konversationslexikon, sechste Auflage, Leipzig und Wien,
Bibliographisches Institut, 1905. Nimmergut, J., Deutsche
Orden und Ehrenzeichen, Band 2, München, 1997. Previtera,
S.T., The Iron Time, Richmond, 2007. Schneider, L., Das Buch
vom Eisernen Kreuze, Berlin 1872 Schreiter, Ch. / Pyritz,
A., Berliner Eisen, Hannover, 2007
© A. Schulze Ising, VI/09
|
| |