Ulf
Klewers
In der ersten Hälfte des 19. Jhdt.
wurden in den deutschen Kleinstaaten Ehrenzeichen für die
Anerkennung langjähriger unbescholtener Dienste von Soldaten,
die militäri-schen Dienstauszeichnungen, gestiftet. In die
Reihe dieser Stiftungen reihte sich das Königreich Sachsen im
Jahre 1831 ein. Die Militär- Dienstauszeichnungen erfuhren in
der Zeit bis zur Abdankung des letzten sächsichen Königs,
Friedrich-August III., im Jahre 1918 verschiedene, teils
detaillierte Abänderungen. Vielfach herrscht in der
Sammlerschaft Un-klarheit über die exakte Differenzierung, und
es werden die unterschiedlichen Modelle oft verwechselt Mit
diesem Artikel soll daher die Geschichte der sächsischen
Dienst-auszeichnungen in einer Zusammenschau dargestellt und
sollen die verschiedenen Modelle, die der Verfasser in seiner
Sammlung zusammentragen konnte, beschrieben werden.
I. Dienstauszeichnungen der aktiven
Armee
Die ersten Dienstauszeichnungen (1.
Modell) wurden gestiftet von König Anton und Mitregent
Friedrich- August (II.) am 24. Dezember 1831. Sie lösten die
bis dahin üblichen farbigen Tuchstreifen zur Auszeichnung für
acht- und mehrjährige Dienstzeiten ab. In der allerhöchsten
Resolution 1831-1835 vom 24. Dezember 1831 wird bestimmt, daß
nunmehr Medaillen verliehen wurden
„ 1. bei einer Dienstzeit von 15-24
Jahren/:Campagne Jahre werden nicht doppelt gerechnet/:
Dienstzeichen in Kanonenmetall, an einem grünseidenen Band mit
weißer Einfassung, 2. für eine Dienstzeit von mehr als 24
Jahren dergleichen in Silber"
Ferner ist bestimmt, daß das neu
geschaffene Dienstzeichen nur an der Uniform und das Band
nicht allein getragen werden durfte. Diese Fundstelle
widerlegt die Darstellung bei Hessenthal und Schreiber, nach
der die Dienstauszeichnung gestiftet wurde „für 15 bzw. 10
treu und vorwurfsfrei geleistete Dienstjahre der
Unteroffiziere und Soldaten".
Die neu gestifteten Dienstauszeichnungen
sind tragbare Medaillen in Silber und in Bronze. Die
Vorderseite, die über lange Jahre gleichbleiben sollte, zeigt
die ineinandergestellten Buchstaben „AFA" - die Initialien der
Stifter (Anton, Friedrich-August) - die von der Königskrone
überragt und von je einem Eichenzweig links und einem
Lorbeer-zweig rechts, unten verbunden durch ein fliegendes
Band, eingefaßt werden. Auf der Rückseite findet sich die
dreizeilige Inschrift „für/lange und gute/Dienste", umgeben
von einer kreisförmigen Rautenblattverzierung. Das
stiftungsmäßige Band ist, wie bereits erwähnt, zunächst
dunkelgrün mit zwei schmalen weißen Seitenstreifen. Die
Prägestempel für diese ersten Dienstauszeichnungsmedaillien
wurden vom Münzgraveur Karl Reinhard Krüger hergestellt.
Von diesem ersten Modell sächsischer
Dienstauszeichnungen gibt es eine zweite Variante (2. Typ),
die sich von der ersten Prägung in bestimmten Details gut
unterscheiden läßt. Im Dezember 1868 lieferte Max Barduleck,
seit 1865 als Münzgraveur, Medailleur und Stempelschneider an
der sächsischen Staatsmünze tätig, zwei neue Stempel für die
abgenutzten Vorder- und Rückseitenstempel der
Militär-Dienstauszeichnung. Die wesentlichen
Unterscheidungsmerkmale lassen sich folgendermaßen skizzieren:
Die Krone auf der Vorderseite ist im Vergleich zum ersten Typ
größer und die Inschrift rückseitig hat größere, derbere
Buchstaben. Während der erste Typ der Medaillen einfache,
oval-längliche Drahtösen aufweist, haben die
Dienstauszeichnungen des zweiten Typs kleinere Ösen aus
halbrundem Draht (in Richtung Kugelöse gehend). Dieser 2. Typ
wurde von 1868 bis 1877 verliehen, worauf im folgenden noch
genauer einzugehen ist.
Abb.1
|
Abb.2
|
links: DA-Medaille Bronze
1. Modell, 1. Typ (1832-1868) |
rechts: DA-Medaille Bronze
1. Modell, 2. Typ (1868-1877) |
links: DA-Medaille Bronze
1. Modell, 1. Typ (1832-1868) |
rechts: DA-Medaille Bronze
1. Modell, 2. Typ (1868-1877) |
Am 23. April 1874 - seinem ersten
Geburtstag als Regent - stiftete König Albert die
Dienstauszeichnungen neu. Dabei wurde nunmehr unterschieden
zwischen einem Dienstauszeichnungskreuz für Offiziere (D.A.K.)
und den Dienstauszeichnungen für Unteroffi-ziere und
Mannschaften (D.A. 1.-3.), im folgenden als
Dienstauszeichnungsmedaillen 2. Modell bezeichnet. Die
Abkürzungen stehen für die Kurzbezeichnungen in den
offiziellen Ranglisten und Stammlisten.
Die Motivation für die Neustiftung
bestand in einer Angleichung der Klassen an die in anderen
Staaten, insbesondere Preußen, verliehenen
Dienstauszeichnungen. So heißt es in der Stiftungsurkunde: "Wir,
Albert, von Gottes Gnaden, König von Sachsen ... haben in
Übereinstimmung mit derartigen im deutschen Heere bereits
bestehenden Einrich-tungen beschlossen, für alle Chargen der
activen Armee und der Landwehr Dienst=Auszeichnungen zu
stiften ...".
Neu eingeführt wurde, in Stufe und Form
dem preußischen entsprechend, das Dienstauszeichnungskreuz für
Offiziere und Ärzte des stehenden Heeres (D.A.K.). Das Kreuz
ist ein vergoldetes Tatzenkreuz mit glatten, von einer
dreifachen Linieneinfassung umgebenen Kreuzarmen. Das
Vorderseitenmedaillon zeigt die verschlungenen Initialien des
Stifters „A R" , überhöht von der Königskrone. Auf der
Rückseite befindet sich in römischen Ziffern die Zahl XXV. Es
gibt unterschiedliche Varianten mit separat geprägten
Medaillons (dies dürften frühere Stücke sein) bzw. in einem
Stück geprägte Kreuze. Das D.A.K. wurde u.a. auch von
Scharffenberg gefertigt, wie die Stempelung auf dem unteren
Kreuzarm eines Stückes in der Sammlung des Verfassers belegt.
Den Anspruch auf die Verleihung hatten die oben genannten
Militärpersonen nach 25-jähriger tadelloser Dienstzeit, die
nach den bestehenden Berechnungsgrundsätzen in der sächsischen
Armee zu ermitteln war. Kriegsjahre wurden dabei nun auf die
geleistete Dienstzeit doppelt angerechnet. Anträge auf eine
Verleihung waren an das Kriegsministerium zu richten und von
diesem nach Prüfung dem König zur Bestätigung vorzulegen.
Abb. 3
D.A.K. (1874-1918)
Stück mit separat geprägten Medaillons |
Neu gestiftet wurden auch die
Dienstauszeichnungsmedaillen für Unteroffiziere und
Mannschaften. Bei diesem 2. Modell wurde die Vorderseite der
früheren Medaillen beibehalten, ebenso die Rückseite der Form
nach, nur daß in den Statuten die dreizeilige
Rückseiteninschrift „für/lange und treue/Dienste" bestimmt
war. Die Medaille wurde fortan in drei Klassen verliehen, und
zwar die erste Klasse in Form einer goldenen, die zweite
Klasse in Form der schon bekannten silbernen und die dritte
Klasse in Form der ebenfalls bereits existierenden bronzenen
Medaille. Die Voraussetzung für eine Verleihung war eine
21-jährige bzw. 15-jährige bzw. 9-jährige Dienstzeit in der
aktiven Armee bei tadelloser Führung, wobei die Bestimmung der
Dienstjahre nach den gleichen Krite-rien wie beim D.A.K.
erfolgte. Die Vorschlagslisten unterlagen der Bestätigung der
Regiments- bzw. selbständigen Bataillonskommandeure. Eine nach
obigen Bestimmungen bereits erworbene D.A. war bei Verleihung
einer höheren Klasse bzw. nach Erlangung des D.A.K. im
Offiziersstand abzulegen.
Abb. 4
(RS) D.A. 2. Modell
(1878-1913) (VS)
1. Klasse in Gold |
In einem Schreiben des
Kriegsministeriums an das Königliche General-Kommando ist
bestimmt, daß sämtliche Dienstauszeichnungen der aktiven Armee
jedes Jahr zum 23. April und 23. November an die
Militärpersonen ausgegeben wurden, die zu diesen Stichtagen
die Bestimmungen der Statuten erfüllt hatten. Vorschlagslisten
und Bedarfsanzeigen für Offiziere und Sanitätsoffiziere waren
jährlich bis zum 15. März bzw. 15. Oktober an das
Kriegsministerium einzureichen.
Das statutenmäßige Band sowohl für das
D.A.K. wie auch für die D.A. 1.-3. ist nun-mehr grün mit drei
weißen Streifen, wobei es sich um einen schmaleren Mittel- und
zwei breitere Seitenstreifen handelt. Es löste das dunkelgrüne
zweimal gestreifte Band der ersten Stiftung ab und ist von der
Farbe grasgrün bis olivgrün wie die übrigen grün-wei-ßen
Bänder sächsischer Auszeichnungen, so z.B. des
Albrechts-Ordens. Dieses Band ist in der Folgezeit das Band
aller sächsischen Militär-Dienstauszeichnungen geblieben.
Hinsichtlich der Verleihungszeiten der
verschiedenen Modelle der Dienstauszeichnungsmedaillen finden
sich im Werksverzeichnis von Max Barduleck interessante
Angaben, die von den Stiftungsdaten und den Angaben bei v.
Hessenthal/Schreiber abweichen. So ist dem Werksverzeichnis zu
entnehmen, daß die silbernen und bronzenen Medaillen des 1.
Modells, 2. Typ von 1868-1877 geprägt wurden, ebenso goldene
Medaillen mit der Inschrift „für/lange und gute/Dienste" von
1874-1877. Somit sind offensichtlich in den Jahren nach der
Neustiftung durch König Albert noch Medaillen des 1. Modells
verausgabt worden. Erst am 31. Mai 1878 wurde (lediglich!) ein
neuer Rückseitenstempel mit der veränderten Inschrift „für/lange
und treue/Dienste" bei der sächsischen Staats-münze zum Preis
von 100 RM bestellt und am 21. August 1878 vollendet. Eine
goldene Medaille mit der Inschrift „für/lange und gute/Dienste"
an einer großen Ordens-schnalle am stiftungsmäßigen Band von
1874 ist dem Verfasser bekannt.
Diese Angaben werden durch die
Brakteatenbücher der kgl. sächsischen Münze bestätigt. Hieraus
ist zu entnehmen, daß die Dienstauszeichnungsmedaillen des 1.
Modells noch bis einschließlich 1877 gefertigt wurden, bevor
auf den neuen Stempeln weitergeprägt wurde. Es ergeben sich
folgende Prägezahlen:
Modell: |
Jahr: |
Prägezahlen: |
|
|
Gold
|
Silber
|
Bronze
|
gesamt
|
1. Modell, 1. Typ |
1832 - |
|
70 |
420 |
490 |
1. Modell, 2. Typ |
1868 - |
|
492 |
1.195 |
1.687 |
|
1869 - |
|
40 |
350 |
390 |
|
1870 - |
|
20 |
25 |
45 |
|
1871 - |
|
105 |
270 |
375 |
|
1872 - |
|
40 |
60 |
100 |
|
1873 - |
|
10 |
25 |
35 |
|
1874 |
146 |
105 |
285 |
536 |
|
1875 |
18 |
34 |
105 |
157 |
|
1876 |
12 |
85 |
135 |
232 |
|
1877 |
6 |
54 |
24 |
84 |
Summe 2. Typ |
|
182
|
985
|
2.474
|
3.641
|
Die Prägezahlen für die ersten
Dienstauszeichnungen, zumal in nur einem Herstellungsjahr,
erscheinen sehr niedrig. Nach Angaben des Münzkabinetts der
Staatlichen Kunstsammlungen Dresden konnten nach Durchsicht
der Brakteatenbücher aber nur die oben angegebenen
Verleihungszahlen für 1832 ermittelt werden. Selbst bei
Hochrechnung der Zahlen dürfte es sich bei dem ersten Typ des
ersten Modells sächsischer Dienstauszeichnungsmedaillen um
sehr seltene Ehrenzeichen handeln. Neben diesen Daten sind
noch die detailliert verzeichneten Prägezahlen von Barduleck
überliefert, so daß die überlieferten Prägezahlen als sehr
genau angenommen werden können.
Dienstauszeichnungsmedaillen des 1.
Modells, die nach den Statuten der Erststiftung ausgegeben
worden waren, mußten gemäß dem bereits oben erwähnten
Schreiben des Kriegsministeriums vom 23. April 1874 am neuen
Band getragen werden. So findet sich in der Sammlung des
Verfassers an einer Ordensspange eine silberne Medaille des 1.
Modells, 2. Typ am statutenmäßigen Band von 1874. Diese
Kombination resultiert ferner aus dem Phänomen der
verlängerten Ausgabezeit von Medaillen des 1. Modells. Dagegen
befindet sich in derselben Sammlung eine ebenfalls silberne
Medaille des glei-chen Typs am Bande der ersten Stiftung.
Dieses Exemplar muß demnach vor 1874 verliehen worden sein.
Gemäß den Brakteatenbüchern der kgl.
Münzstätte wurden im Jahre 1878 13 goldene, 30 silberne und 80
bronzene Dienstauszeichnungen „wie sub XII 1832" mit der
Aufschrift „lange und treue Dienste" geprägt. Demnach sind
Medaillen des 2. Modells tatsächlich erst ab 1878 zur
Verleihung gekommen, wobei die ersten Stücke vorderseitig
identisch mit dem 1. Modell, 2. Typ sind. Diese Variante mit
nur abgeändertem Rückseitenstempel läßt sich als 2. Modell, 1.
Typ bezeichnen. Andere Medaillen des 2. Modells in der
Sammlung des Verfassers - im folgenden als 2. Modell, 2. Typ
be-zeichnet - weisen vorderseitig leichte Abweichungen
gegenüber dem 1. Modell, 2. Typ auf, wie sie auch bei v.
Hessenthal/Schreiber beschrieben werden. Diese Prägevarianten
erklären sich daraus, daß im Jahre 1892 zwei neue
Ersatzprägestempel für die Dienstauszeichnungsmedaillen
hergestellt und seitdem verwendet wurden. Detailunterschiede
lassen sich bei den Eichen- und Loorbeerzweigen sowie bei der
Krone erkennen. Diese Medaillen haben gewöhnliche Drahtösen.
Die Vorderseitenpunze befindet sich noch im Stempelarchiv des
Münzkabinetts Dresden. Es ergeben sich folgende
Gesamtprägezahlen der Medaillen des 2. Modells:
|
Gold |
Silber |
Bronze |
gesamt
|
1878-1913 |
306 |
1.985 |
11.282 |
13.573
|
Während das D.A.K. für Offiziere bis zum
Ende des Königreichs Sachsen beibehalten wurde, erfuhren die
Dienstauszeichnungen für Unteroffiziere und Mannschaften eine
weitere statutenmäßige Abänderung, im folgenden als 3. Modell
bezeichnet. Die neue Form der D.A. 1.-3. entspricht wiederum
der Form preußischer Dienstauszeichnungen, die einige Monate
vorher neugestiftet wurden.
Am 6. September 1913 erließ der letzte
sächsische König, Friedrich-August III., die letzte Abänderung
der Bestimmungen über die Dienstauszeichnungen. Die D.A. 1.
Klasse bestand nunmehr in einem kupfernen Kreuz in Form und
Größe der preußischen Dienstauszeichnung , d.h. formgleich dem
sächsischen D.A.K., nur lediglich kleiner als dieses. Das
Vorderseitenmedaillon zeigt die verschlungene Chiffre des
Stifters „F A R", überragt von der Königskrone, das
Rückseitenmedaillon die römische Ziffer XV. Verliehen wurde es
für vollendete 15-jährige Dienstzeit. Die D.A. 2. Klasse für
12 Dienstjahre bestand fortan in einer Medaille aus Bronze (stiftungsmäßig,
d. Verf.), die 3. Klasse für 9 Dienstjahre in einer Medaille
aus Argentan (Neusilber). Sie haben gewöhnliche Drahtösen mit
Ring. Die Vorderseite zeigt die Chiffre des Stifters „F A R" -
überhöht von der Königskrone, umfaßt von einem Eichenlaubzweig
links und einem Loorbeerzweig rechts - und die Umschrift „Treue
Dienste" (oben) „bei der Fahne" (unten). Rückseitig befinden
sich auf glattem Untergrund die römischen Ziffern XII bzw. IX.
Von der Medaille aus Bronze (lt. Statuten) gibt es Varianten
aus verschiedenen Materialien. So finden sich Medaillen aus
Tombak (wie bei v. Hessenthal/Schreiber be-schrieben) ebenso
wie kupferne Stücke. Auch (privat) vergoldete Exemplare sind
existent. All diese neuen Auszeichnungen wurden am
statutenmäßigen Band von 1874 getragen.
Abb. 5
D.A. 3. Modell (1913-1918)
(VS)
1.Klasse,Kreuz (RS) |
Abb. 6
D.A. 3. Modell (1913-1918)
2. Klasse, Medaille (VS) 3.
Klasse, Medaille (RS) |
Soldaten des stehenden Heeres, die vor
dem Tage der Veröffentlichung bereits eine Dienstauszeichnung
erhalten hatten, konnten diese gegen eine der neuen Form
austauschen. Die im aktiven Dienst befindlichen Militärbeamten
und die Zivilbeamten der Heeresverwaltung sowie die dem
aktiven Dienststande nicht mehr angehörenden Personen konnten
die schon erworbenen Dienstauszeichnungen in der neuen Form
auf ei-gene Kosten anlegen, wobei die verkürzten Tragezeiten
keine Anwendung fanden. Die neuen Dienstauszeichnungen waren
nach dem Tode des Beliehenen an das zuständige oder
nächstgelegene Bezirkskommando zurück- zugeben; gegen Zahlung
des Beschaffungspreises für eine entsprechende neue D.A.
konnte eine solche Auszeichnung von den Hinterbliebenen des
Ausgezeichneten erworben werden.
Schließlich bleibt zu vermerken, daß in
Anlehnung an die preußische Verleihungspraxis das D.A.K. für
Offiziere durch königlichen Beschluß vom 21. August 1914 nach
Ableistung einer 25-jährigen Dienstzeit auch den höheren,
mittleren und Unterbeamten sowie den Soldaten vom Feldwebel
abwärts der sächsischen Armee zuerkannt werden konnte. Diese
Verordnung des Königs erging „als Zeichen der
Zusammengehörigkeit aller Dienstgrade" in „...der Zuversicht,
daß dieser neue Beweis Meines Wohlwollens zu weiterer
selbstloser Hingabe an den Königlichen Dienst verpflichten
wird."
II. Die Landwehr-Dienstauszeichnungen
Zusammen mit dem D.A.K. und den D.A. des
zweiten Modells stiftete König Albert am 23. April 1874
Dienstauszeichnungen für die Landwehr (L.D.A.).
Die Landwehr-Dienstauszeichnung 1.
Klasse (L.D.A. 1.) gleicht in Form und Größe dem zugleich
gestifteten D.A.K., besteht aber aus Silber mit zunächst
goldenen und später vergoldeten Medaillons. Das
Vorderseitenmedaillon zeigt ebenfalls die verschlungene
Chiffre „A R", überragt von der Königskrone, das
Rückseitenmedaillon die römische Ziffer XX. Auch diese
Auszeichnung orientiert sich von der Formgebung an der
entsprechenden preußischen, die einige Jahre früher gestiftet
worden war. Anspruch auf eine Verleihung hatten Offiziere und
im Offiziersrang stehende Ärzte des Beurlaubtenstandes, die
mindestens 8 Jahre über die gesetzliche Gesamtdienstzeit
freiwillig im Militärverhältnis geblieben waren „und sich
durch reges Interesse für den Dienst hervorgethan haben." Das
Vorschlags-procedere war das gleiche wie bei den D.A.K.
Getragen wurde die L.D.A. 1. am gleichen Band wie die
Dienstauszeichnungen der aktiven Ar-mee ab 1874 und blieb bis
1918 unverändert.
Abb. 7
L.D.A. 1. Klasse (1874-1918)
Silberstempelung „800" auf dem
Medaillonzylinder
Halbmond- und Kronenpunze |
Die Landwehrdienstauszeichnung 2. Klasse
(L.D.A. 2.) 1. Form der Stiftung von 1874 besteht
stiftungsmäßig in einer neusilbernen Schnalle, rechteckig und
durchbrochen geprägt, die mittig die gekrönten,
nebeneinanderstehenden Buchstaben „A R" trägt. Die Schnalle
ist vom statutenmäßigen Band der Dienstauszeichnungen
unterlegt, das wiederum auf ein rechteckiges Metallplättchen
mit rückseitigem Nadelsystem aufgezogen ist. Tatsächlich sind
die Schnallen i.d.R. aus vergoldetem Metall ausgeführt.
Anspruch auf Verleihung hatten Offiziere, Ärzte,
Unteroffiziere und Wehrmänner, die ihre Dienstpflicht in der
Reserve und Landwehr vorwurfsfrei erfüllt hatten und einen
Feldzug mitgemacht hatten „oder bei außerordentlichen
Veranlassungen, im Ganzen mindestens 3 Monate aus dem
Beurlaubtenstande zum activen Dienste einberufen gewesen sind."
In den Statuten ist weiter bestimmt, daß der Anspruch verloren
geht bei im einzelnen aufgeführten Vorfällen wie Bestrafung
von Vergehen nach bürgerlichem Recht, militärdisziplinarischer
Maßregelung oder unwürdigem Verhalten. Die 2. Klasse war nach
Er-langen der 1. Klasse der L.D.A. abzulegen.
Durch Abänderung der Bestimmungen über
die D.A. und die L.D.A. 2. Klasse vom 6. September 1913 durch
König Friedrich-August III. wurde die
Dienstauszeichnungsschnalle durch eine Medaille (2. Form)
ersetzt. Diese Medaille aus Kupfer ist kleiner als die
Dienstauszeichnungsmedaillen des 3. Modells und folgt in der
Form, Größe und Inschrift der kurz zuvor gestifteten
preußischen Landwehr-Dienstauszeichnungsmedaille. Es finden
sich auch Spangenprägungen in Größe der
Dienstauszeichnungsmedaillen. Die Vorderseite zeigt die
verschlungene Chiffre „F A R", überhöht von der Königskrone
und die Umschrift „Treue Dienste" (oben) „Reserve Landwehr" (unten).
Die Rückseite trägt die vierzeilige Inschrift „Landwehr /
Dienstaus- / zeichnung / II. Klasse" in Fraktur-schrift. Das
Band blieb identisch. Personen, die bis dahin bereits mit der
L.D.A.-Schnalle beliehen worden waren, konnten die neue Form
auf eigene Kosten anlegen.
Abb. 8
L.D.A. 2. Klasse, 1. Form L.D.A. 2.
Klasse, 2. Form
Schnalle (1874-1913) Medaille
(1913-1918) |
III. Schlußbetrachtung
Die Dienstauszeichnungen des Königreichs
Sachsen, zunächst nur als Medaillen aus Silber und Bronze
gestiftet, haben im Laufe der Jahre zwei wesentliche
stiftungsmäßige Änderungen erfahren und sind hierdurch
erweitert worden. Dabei zeigt sich, daß durch die
Statutenänderungen Sachsen sich auch auf dem Gebiet des
Auszeichnungswesens sehr an die preußischen Gepflogenheiten
anpaßte. Gleichzeitig bedeutet die Statutenänderung von 1913
qualitativ hinsichtlich der Gestaltung und des Materials ein
Absinken des Ni-veaus. Besonders interessant für den Sammler
sind wegen der Modellvarianten und der Verleihungszahlen die
frühen Dienstauszeichnungsmedaillen - insbesondere in den
hohen Stufen.
Der Verfasser ist Herrn Dr. Paul Arnold,
Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen
Dresden und besonders Herrn Erhard Roth für seine Recherchen
und das Zurverfügungstellen von Quellenmaterial, vor allem
hinsichtlich der Verleihungszahlen in den Brakteatenbüchern,
zu besonderem Dank verpflichtet.
Quellen/Literatur:
- Allerhöchste
Resolutionen 1831-1835, hier 24. Dezember 1831, Sächsisches
Hauptstaatsarchiv Dresden - Sächsisches Kriegsministerium (P)
Nr. 637
- Stamm- und Rangliste der Königlich
Sächsischen Armee 1832
- Statuten für die Königlich Sächsischen
Dienst=Auszeichnungen vom 23. April 1874, Sächsisches
Hauptstaatsarchiv Dresden - Sächsische Ordenskanzlei Nr. 404
- Schreiben des Kriegsministeriums an das
Königliche General-Kommando vom 23. April 1874
- Militär-Verordnungsblatt für 1913
- Militär-Verordnungsblatt für 1914
- Brakteatenbücher der königlichen Münzstätte
- Max Barduleck: Die letzten Jahre der Münze
in Dresden - Werksverzeichnis 1865 bis 1911, hrsg. von Dr.
Paul Arnold, Berlin 1981
- v. Hessethal/Schreiber: Die tragbaren
Ehrenzeichen des Deutschen Reiches, Berlin 1940
© A. Schulze Ising, II/99
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